Wie bist Du zur Musik gekommen?

Naja, so wie das früher so war…

In der Kirche gab es eine Flötengruppe, man wird da reingesteckt, man lernt Noten usw. und bekommt sein erstes musikalisches Grundwissen. Ich habe dann irgendwann mal ein Akkordeon-Orchester gehört und fand das spannend – da war ich so 6/7. Dann habe ich also Akkordeon gelernt. Etwas später wollte ich dann Gitarre lernen, weil meine Schwester damit angefangen hatte.

In der 5/6 Klasse auf dem Gymnasium, hatten wir wunderbare Musiklehrer, die bei uns u.a. eine Schul-Big-Band und ein Blasorchester aufgebaut haben. Da bekam man gratis Unterricht und die Instrumente gleich mit dazu geliehen.

Dann wollte ich unbedingt Saxofon spielen – ich fand das irgendwie toll – aber meine Eltern hatten nicht das Geld und da waren ja auch schon der Gitarren- und der Akkordeon-Unterricht. Irgendwann bekam ich dann ein Instrument geliehen, und zwar eine Klarinette. Auch schön dachte ich mir. Ich habe dann also Klarinette gelernt und in dem Blasorchester der Schule gespielt.

Als der Schlagzeuger der Schul-Big-Band Abitur machte wurde seine Stelle frei und da habe ich mir gedacht – Schlagzeug ist eigentlich auch ganz cool. Das Drumkit habe ich dann mit nach Hause genommen und mir das Spielen sozusagen in den Sommerferien selbst beigebracht. Dann habe ich für eine Zeit den Posten des Schlagzeugers in der Schul-Big-Band übernommen.

Mein Wunsch Saxofon zu spielen, wurde jedoch mit den Jahren immer stärker – David Sandborn fand ich damals großartig. In unserer Big-Band war dann endlich ein Tenorsaxofon verfügbar. Also habe ich Tenor gelernt und etwas später dann auch Alt-Saxofon. Da ich bereits Klarinette gelernt hatte, erschloss sich mir das leicht.

Und dann gab es da noch die Projekte von meinem Musiklehrer, der die Schul-Big-Band geleitet hat. Er hatte damals die Möglichkeit für den Rowohlt Verlag das Kurt Tucholsky Chanson Buch zu überarbeiten und hat dabei festgestellt, dass ganz viele dieser großartigen Texte noch gar nicht vertont waren. Mein Musiklehrer gründete die Band „Tamerlan“ (König der Kirgisen) und komponierte neue Musik auf die noch nicht vertonten Texte von Kurt Tucholsky oder arrangierte vorhandenes Tonmaterial für eine größere Combo mit Bläsern. „Tamerlan“ war das erste Bandprojekt, an dem ich mitwirkte. Ich habe dann als sechzehnjähriger die ersten Auftritte mit dieser Band gemacht. Da war dann auch mein erster Gig im Rathaus Reinbek. Ich bekam damals auch meine erste Gage, wovon ich mir gleich ein Otto Link Mundstück für mein Tenorsaxofon gekauft habe.

Wir haben viele exklusive Gigs für den Rowohlt Verlag gespielt – meist in Bibliotheken und Buchhandlungen und deutschlandweit. Das war der Anfang – da nahm das Musikleben langsam Fahrt auf. Irgendwie hat mich das alles fasziniert; die Kollegen mit ihren verschiedenen Instrumenten etc. und ich hatte mich entschieden – ich wollte Profimusiker werden und war gerade erst 16. Ich wollte davon leben. Also fing ich an, sehr fleißig zu üben, weil ich Musik studieren wollte. Na ja, zumindest habe ich versucht, die Aufnahmeprüfung zu bestehen. Dafür musste ich jede Menge Unterricht nehmen, weil ich bis dahin immer alles autodidaktisch gemacht hatte.

Da ich bis dato nur Jazz und Popularmusik gespielt hatte, musste ich mich für die Aufnahmeprüfung nun mit klassischer Literatur für Saxofon beschäftigen. So kam dann eins zum anderen…

Ein erster größerer Meilenstein war die Hamburger Produktion „CATS“ im Operettenhaus Hamburg. Die Anforderung bei „Cats“, waren Baritonsaxofon, Klarinette und Flöte. Ich habe mit viel Fleiß und Ehrgeiz am Reed Part gearbeitet, dort mehrere Jahre als Sub (Vertreter) mitgeholfen und in dieser Zeit viel gelernt.

Es ist wichtig, dass man dranbleibt und dass man darauf vertraut, dass die Energie, die man hineingesteckt hat, erhalten bleibt und sich das über längere Zeit auszahlt.

Wenn man das hört, bist du seit deinen Anfängen in der Schulband sehr weit gekommen. Heute spielst du in nahezu allen grossen Musicals, in grossartigen Theaterinszenierungen und in namhaften Bands. Was macht Dir davon am meisten Spass?

Ach, das ist so schwer zu sagen. Sehr viel Spaß macht es natürlich, wenn man in Bands spielt und dort wegen des eigenen Sounds – der eigenen Spielweise – geschätzt wird.

Bei Theater- und Musicalproduktionen sind alle Inhalte vorgegeben. Die Türen öffnen sich für dich, wenn du dich mit bestimmten Menschen verstehst oder weil du die Kombination der Instrumente gut beherrschst und den gegebenen Kontext auch professionell und wunschgemäß wiedergeben kannst – dafür bekommst du eine andere Form von Anerkennung und Respekt, was mir auch gefällt.

Am meisten Spaß hat man und natürlich am spannendsten ist es, wenn man sich persönlich ausdrücken kann und wenn genau das gefragt ist. Das ist einfach genial!

Deiner Vita entnehme ich, dass du mittlerweile unfassbar viele Instrumente spielst. Das ist sehr beeindruckend. Im Gespräch mit dir kam heraus, dass du noch weitere Interessen hast - z.B. Filmmusik. Was reizt dich daran?

Sie hat einen anderer Ansatz.

Mich erfüllt der künstlerisch, kreative Aspekt, der dabei von einem selbst kommt. Ich kann darin mein volles Potential an Erfahrung ausschöpfen, die Musiktheorie und mein Wissen um all die unterschiedlichen Genres und Instrumente, die ich in den vergangenen Jahren spielen durfte. Ich spüre, dass das alles tief in mir resoniert. Das hat mit den Jahren meine kreativen Batterien aufgeladen.

An der Aufgabe der Bildvertonung reizt mich insbesondere – Stimmungen zu kreieren, Stimmungen zu unterstützen. Das ist ein hochgradig komplexer Vorgang und er ist auch hochgradig kreativ.

Und das ist genau das, was es für mich so spannend macht.

Bedenkt man die Krisen der letzten Jahre, hätte ich noch eine Frage: „Wie und wo siehst du deine Zukunft?“

Es wäre großartig, auch in den kommenden Jahren seinen Lebensunterhalt durch Live-Auftritte in Bands und in großen Musical- und Theaterproduktionen bestreiten zu können. Wenn man live spielt, muss man hellwach sein – das gefällt mir daran.

Und klar gibt es da noch einen weiteren kreativen Aspekt – meine Studiotätigkeit.

Du bist nicht nur Künstler im Sinne eines Musikers, sondern auch Tontechniker (für Aufnahme und Mischung) und Arrangeur. Außerdem muss man sich mit Computern auskennen und sich mit vielen neuen Bereichen auseinandersetzen – man lernt ständig dazu! All diesen Herausforderungen stelle ich mich gerne! Wir leben im digitalen Zeitalter und da entstehen ständig neue Möglichkeiten – darin sehe ich auch eine große Chance.

Die jüngsten Krisen haben deutlich gezeigt, dass wenn Live-Shows eingestellt werden – praktisch von einem Tag auf den anderen – man mit Musik neue Wege gehen kann und muss. Die Möglichkeiten, die sich uns in der digitalen Welt bieten, stehen allen offen. Es liegt an uns, diese für sich zu entdecken und zu nutzen.

Wenn man Märkte und ein Publikum erschließen kann und letztendlich Musik produziert, die man digital verkaufen und davon leben kann – das wäre schon was – das kann ich mir vorstellen. Natürlich immer vorausgesetzt, dass man im Alter gesund bleibt.

Das wünsche ich Dir und ich bedanke ich mich für dieses Interview.

Das Interview führte Sven Gordon Williams mit Detlef Raschke in Hamburg am 16. Januar 2023.